„Real Rods Never Shine!“
Die Wurzeln der automobilen „Ratten“ liegen sicherlich irgendwo in der amerikanischen Hot-Rod Szene, denn in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts motzten Jugendliche günstig verfügbare Autos auf, um dann damit illegale Straßen-Rennen zu fahren. Auf die Optik wurde dabei so gut wie gar nicht geachtet, denn was zählte war ein geringes Leistungsgewicht. Und so kam es, dass eine Lackierung entweder gar nicht, nur als Grundierung oder aber einfach in matt aufgerollt wurde. Verwendet wurde alles, was gerade greifbar und billig oder noch besser umsonst war.
Damit gehören die Hot-Rods wohl zu den würdigsten Trägern für die Bezeichnung „Ratte“.
Während es bei den Hot-Rods schon immer zum guten Ton gehörte, blieb es für lange Zeit eine eher unterschwellige Erscheinung in der europäischen Auto-Szene. In den 90ern sah man dann auch in Europa immer öfter eine Ratte auf den Veranstaltungen.
Meist handelte es sich dabei um Autos im Letzthandbesitz, die so gerade noch einmal vor dem Schrottplatz gerettet wurden. Für den TÜV mal eben zurecht geschweisst und halbwegs gerade geklopft, zeigen sie stolz die Blessuren eines langen, ereignisreichen Autolebens. Auch in Europa fand diese wachsende Subkultur immer mehr Anhänger. Vor allem aufgrund einiger Hollywood-Filme wie Mad Max oder Death Proof, galt es plötzlich als cool mit einem Auto ohne glänzenden Lack herumzufahren.
Spätestens seit dem Aufkommen des Foliendesigns in der Tuning-Szene, kann man auch immer öfters aktuelle Oberklasse-Limousinen in diesem Design sehen. Schließlich bedeutet es, trotz „rebellischen Designs“, nicht mehr den immensen Wertverlust, den eine entsprechende Lackierung nach sich gezogen hätte. In den letzten Jahren geht mit dem Rattendesign auch (fast) immer eine brachiale Tieferlegung einher.
Gerne bedient sich die Szene auch der alten Insignien aus der Hot-Rod Zeit. So findet man häufig Raceflag-Muster auf dem Dach, ein Haifischmaul auf den Flanken oder uralte Koffer auf möglichst alt wirkenden Gepäckträgern. Ein „Plastikmodell“ wie ein Opel Corsa B mit matter Folierung, einer rostigen Motorhaube und einem Surfbrett auf dem Dach ist keine Seltenheit mehr.
Vor wenigen Jahren wäre es noch völlig undenkbar gewesen, sein Auto vom Lack zu befreien und mit viel Akribie und Salzwasser gezielt zum Gammeln zu bewegen. Selbst in der ehrwürdigen Oldtimer-Branche wird nicht mehr alles bis in kleinste Detail tot restauriert, sondern die sogenannte Patina behutsam erhalten. Dieser Look provoziert und polarisiert auf jeden Fall, aber auf mich übt er seinen ganz eigenen Reiz aus.
Schaut Euch doch einfach mal die modernen und die Oldschool-Ratten an, welche ich in den letzten Jahre „erlegt“ habe. Danach könnt ihr Euch dann selber ein Urteil darüber bilden, ob diese tierischen Vierräder mittlerweile gesellschaftsfähig geworden sind oder nicht:
Wir beschäftigen uns ja auch mit Ratten auf Bamako Motors. Deine Auslegung des Themas ist eine der vielen Möglichen. Der Witz ist, dass es inzwischen soviele Interpretationen zu dem Thema wie es Ratten gibt. Grundsätzlich sehe ich den Ursprung auch in der Rodderszene. Du hast die luftgekühlte US-Szene allerdings noch vergessen. Der Rest, also was ist AKTUELLER Ratlook, ist wie gesagt komplett schwammig. Ein Auto aus Deiner Bilderreihe, der graue Passat im Bomberlook, welcher Bernd „KLE“ Frank ( http://www.fusselblog.de ) ist aus seiner Sicht keine Ratte sondern – weiß ich auch nicht – Fusseltuning, aber halt keine Ratte.
Anderes Beispiel: ein auto das lediglich foliert wurde, ist nicht ansatzweise eine Ratte. Es ist ein Fake.
Oder: für viele Rattenfahrer ist es Ehrensache das die Technik unterm rostigen Blech sicher und funktionstüchtig ist. Nach dieser Saison würde ich das auch nicht so stehen lassen.
Was man aber sagen kann: es ist Trend und auch gefühlt ein kleiner Aufstand gegen die allseits propagierte „heile Welt“. Solche Karren provozieren einfach.